Die vierte Orgel 1974

Bereits Ende der 1950er Jahre traten wieder massiv Probleme auf. Ein wesentlicher Grund war und blieb die Feuchtigkeit, die sich mit der neuen Technik nicht nur auf das Holz, sondern nun auch auf die Pneumatik und die Elektrik störend auswirkte. Schon 1954 stellte man wieder Holzwurmbefall fest. Die ledernen Ventiltaschen waren brüchig geworden und verursachten Heulgeräusche. Auch die Elektrik des Gebläses war defekt.

Zusätzlich konnte man die überaus positive klangliche Bewertung aus 1935 nicht mehr nachvollziehen. Das pompöse Klangideal der Vorkriegszeit passte nicht mehr. 1968 machte die Nachfolgefirma von Paul Faust einen Vorschlag für eine umfassende Renovierung, die 10.000 DM kosten sollte. Der Kirchenmusikwart (entspricht dem heutigen Kreiskantor) schrieb 1969, er halte das „... für eine Fehlinvestition, die Orgel bleibt ein armseliges Stückwerk. Meine Empfehlung geht dahin, unter Verwendung des alten Gehäuses … einen völligen Neubau anzustreben. Das alte Pfeifenmaterial kann als Buntmetall-Schrott veräußert werden.“ Auch das Landeskirchenamt äußerte sich unmissverständlich: „Die Absicht der Kirchengemeinde, einen Orgelneubau vorzubereiten, ist … aus musikalischen und wirtschaftlichen Gründen als richtig anzusehen.

Doch eine Neuanschaffung schien zunächst nicht bezahlbar. Endlich beschloss das Presbyterium am 7. Juli 1970, „eine neue Orgel mit 12-13 Registern anzuschaffen. ... Diese Entscheidung ist trotz der z.Zt. angespannten Lage, jedoch in Erkenntnis der Dringlichkeit einer neuen Orgel und im Gottvertrauen getroffen“, heißt es im Protokoll der Sitzung.
Nach umfassender Abwägung der Angebote von vier Firmen entschied sich das Presbyterium für das Angebot der Fa. Schuke aus Potsdam. Am 15. September 1972 wurde der Kaufvertrag geschlossen. Rund 50.000 DM sollte die neue Orgel kosten.

Schuke gefielen die seitlichen Anbauten, die Faust vorgenommen hatte, gar nicht. Diese „pseudobarocken“ Teile wollte er abreissen und durch neutral gestaltete und weit nach hinten gesetzte Anbauten für die Pfeifen des Pedals ersetzen, „so daß der weit nach vorn springende alte Barock-Prospekt optisch in Erscheinung tritt“ – so ähnlich hatte es Faust ursprünglich auch vorgesehen. Der Plan stieß aber im Kirchenbauamt auf wenig Gegenliebe, so dass das Äußere der Orgel unverändert blieb.

Nach Pfingsten 1974 wurde die alte Orgel demontiert. Der Aufbau begann im September und am 26. Oktober 1974 wurde die neue Orgel der Gemeinde übergeben. Sie war, wie im Gemeindebrief hervorgehoben wurde, ausschließlich durch Spenden finanziert, u.a. durch eine Tombola der Frauenhilfe, die 2500 DM einbrachte.
Am Sonntag, den 27. Oktober erklang sie zum ersten Mal im Gottesdienst und wurde eine Woche später, am 3. November, in einem feierlichen Eröffnungskonzert einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Das Konzert endete mit dem gemeinsamen Loblied „Nun jauchzt dem Herrn alle Welt“.

Bauliches:

Die Schuke-Orgel umfasst 12 Register, die auf 2 Manuale und das Pedal verteilt sind. Die Verbindung zwischen Tasten und Pfeifen (Traktur) erfolgt wieder rein mechanisch, ebenso wie die Einstellung der Register. Der Spieltisch wurde von der Seite wieder an seinen ursprünglichen Platz an der Vorderseite der Orgel gesetzt. Die Tasten erhielten eine Kunststoffbeschichtung, - in den Siebzigern ganz modern!
841 klingende Pfeifen, 74 aus Holz, 12 aus Kupfer und 755 aus Zinn, liefern einen Klang, der „nicht nur für das heutige liturgische Spiel, sondern auch für die Wiedergabe der reichen kirchenmusikalischen Orgelliteratur geeignet“ ist, wie es Hans-Joachim Schuke in einem kurzen Begleittext beschrieb.


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